Die Entwicklung des Kantons ist wichtig. Man denkt an das Jahr 2050 um sich zu fragen, wie man sich auf das, was kommen mag, vorbereiten kann, damit man es nicht einfach hinnehmen muss.
Die Zukunft des Siedlungsraums Sarneraatal ist nicht etwas was sich als Phantasiegebilde in leichtem Pinselstrich malt. Man ist sich bewusst, dass die Zukunft unwägbar ist. Aber auch, dass auf alle Fälle alle Karten auf dem Tisch liegen müssen – blinde Flecken und Denkverbote haben in einer solchen Diskussion nichts verloren. Nur so lassen sich die relevanten Fragen finden und die richtigen Antworten skizzieren.
Die Politik, wirtschaftliche Entscheidungsträger, Vereine wie auch die breite Bevölkerung ist eingeladen, gemeinsam diese Fragen zu entwickeln und an den Antworten zu arbeiten. Nur wer den Mut hat, sich auch neu zu denken, hat überhaupt eine Zukunft.
Die Aufgabe könnte darin bestehen, für die Zukunft Ländlichkeit und Dörflichkeit mit Urbanität zusammenzudenken. Der Kanton wird neuartige Mischformen brauchen, um als Wirtschaftsstandort und Lebensmittelpunkt attraktiv zu bleiben. Damit zieht er neue Arbeitskräfte an, die er in Zukunft braucht und liefert gute Gründe für die bestehenden hier zu bleiben.
Zum Dorfleben von früher können wir nicht mehr zurück, so sehr wir uns das vielleicht wünschen, zur Stadt kann Obwalden (glücklicherweise) nie werden und zur Agglomeration darf der Kanton nicht verkommen.
Die Ausstellung zur Vision «Sarneraatal 2050» ist ein Positionsbezug zur Siedlungsentwicklung im Kanton Obwalden und eine Einladung, über die künftige Entwicklung öffentlich nachzudenken.
— Als Positionsbezug nimmt sie zur weiteren Entwicklung des Kantons Stellung und bearbeitet vor diesem Hintergrund exemplarisch die Betrachtungsperimeter «Entwicklungsgebiet Sarnen Nord» und «Streusiedlung Grossteil Giswil».
— Sie will eine Einladung sein, sich gemeinsam der Zukunft des Kantons zuzuwenden : Die Arbeiten verstehen sich als Impuls, gemeinsam mit politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern, Interessenvertretern und der Bevölkerung den Diskurs zu fördern.
Es sind Fragen nach vorhandenen Identitäten und Strukturen, nach bestehenden und erst noch freizulegenden Potentialen, nach heutigen Herausforderungen und solchen, die erst kommen werden. Diese lassen erst angemessen darüber nachdenken, wie der Kanton Obwalden 2050 sein könnte. Man glaubt an seine Zukunft, ist aber überzeugt, dass die Weichen bald schon gestellt werden müssen. Was man dazu anbieten kann, ist weder ein detaillierter Plan noch ein makelloses Modell der Welt von morgen. Mit der Vision «Sarneraatal 2050» will man einen Prozess eröffnen, überraschende Gedankengänge möglich machen und Debatten fördern. Die IG Baukultur tut dies auf Einladung des Vereins «Kulturlandschaft – Landschaft und Kultur in Obwalden» in Kooperation mit der Hochschule Luzern, dem Historischen Museum Obwalden und den Gestaltern Amrhein Anderhalden aus Sarnen.
Das Ziel der Ausstellung «Sarneraatal 2050» sieht man darin, durch verschiedene Aktivitäten dafür zu sorgen, dass die Diskussion über die Zukunft des Kantons im Wissen um die Qualitäten des Vorhandenen erfolgt.
Identität Sarneraatal
Der Siedlungsraum «Sarneraatal» ist facettenreiche Kulturlandschaft und unterschiedlicher Naturraum, differenziertes Siedlungsgebiet und vielfältiger Wohn- und Arbeitsstandort gleichzeitig. Diese unterschiedlichen Qualitäten und Anforderungen bilden gemeinsam die Grundlage, auf der jede Zukunft des Tals aufbaut. Die Gestaltung dieser Zukunft setzt voraus, die Abhängigkeiten zwischen Natur, Kultur, Siedlung, Wohnen und Arbeiten zu erkennen.
In Bezug auf die Landschaft bedeutet dies, dass die gewachsene Kulturlandschaft mit ihren Streusiedlungen als eines der zentralen Charakteristiken auch in Zukunft erhalten bleiben soll. In den Tal-Lagen stellt sich deshalb die Aufgabe, Landschaft und dörfliche Strukturen als Ganzes zu begreifen und die Übergänge zwischen Bebautem und Nicht-Bebautem sorgfältig zu gestalten.
Für die Hanglagen gilt es darüber nachzudenken, wie sich diese Landschaften in Zukunft präsentieren können, wenn die landwirtschaftliche Nutzung weiter zurückgehen sollte, die sie erst möglich gemacht hat.
Es ist das Mit- und Ineinander dieser drei Bereiche Landschaft–Siedlung–Alltag, welches die Identität des Kantons ausmacht. Es lässt sich nur dann weiterentwickeln, wenn jeder der drei gerade genannten Bereiche die für seine Entwicklung notwendige Aufmerksamkeit erhält und dabei gleichzeitig die Verbindungen und Abhängigkeiten von den anderen gesehen werden. Erhalten und Verändern gehen dabei Hand in Hand.
Inhalte und Themen
Rückblick bis 1850 — Vision 2050
Die Aufarbeitung der Siedlungsentwicklung des Dorfes Sarnen beabsichtigt, die Veränderungen des Siedlungsgefüges, gegliedert in einzelne Zeitabschnitte, mit Plänen, Fotos und Texten sichtbar zu machen und Erklärungsansätze für seine heutige Erscheinung anzubieten. Zeigen die Übersichtspläne die Veränderungen in chronologischer Reihenfolge mit den Bauten und Strassen, nehmen die Textbeiträge Bezug auf das soziale, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Geschehen und ihren Einfluss auf die Siedlungsentwicklung. Die in acht Zeitabschnitte gegliederte Siedlungsentwicklung erlaubt die Geschichte des Dorfes anschaulich zu erleben.
Die Siedlungsvision 2050 schreibt diese Geschichte fort. Unter der Annahme, dass die Bevölkerung im Sarneraatal bis 2050 um 4800 Einwohner zunimmt und die ländliche Prägung der Talschaft erhalten bleiben soll, ist eine Konzentration des Wachstums auf einige wenige Standorte anzustreben. Am Beispiel des Entwicklungsgebietes Sarnen Nord soll Verdichtung anhand von Modellen, Plänen und Visualisierungen anschaulich aufgezeigt werden.
→ Beitrag von Eugen Imhof zur Siedlungsentwicklung SarnenDie Aufarbeitung der Siedlungsentwicklung des Dorfes Sarnen beabsichtigt, die Veränderungen des Siedlungsgefüges, gegliedert in einzelne Zeitabschnitte, mit Plänen, Fotos und Texten sichtbar zu machen und Erklärungsansätze für seine heutige Erscheinung anzubieten.
Entwicklungsgebiet Sarnen Nord
In Sarnen Nord kann die Obwaldner «Rurbanität» als neuartige Verbindung von Ländlichkeit und Urbanität ihr Profil entwickeln. Das Entwicklungsgebiet behandelt Fragen und Herausforderungen, die sich überall im Kanton unter den dort gegebenen Vorzeichen leicht verschoben stellen. Es sind dies Fragen wie: Welche Rolle können neue Gebäude oder Ensembles für die Entwicklung einer Gemeinde spielen? Wie können sie zu einer Stärkung bisheriger Ortsteile beitragen? Welche Voraussetzungen in Nutzung, Erschliessung und Aufenthaltsqualität müssen sie dazu erfüllen? Wie können Erdgeschosszonen sinnvoll und dauerhaft programmiert werden, wenn ihre kommerzielle Nutzung immer schwieriger wird? Was müssen öffentliche Räume im Alltag leisten, damit sie mehr sind als nur Durchgangsräume, sondern auch Begegnungs- und Aufenthaltsräume? Wie lassen sich dafür Aufenthaltsqualitäten schaffen, die dann tatsächlich auch im Alltag angenommen werden? Das Labor in Sarnen soll auf diese Fragen Indizien liefern, die dann für andere Orte des Kantons durchgespielt werden können.
Streusiedlung Giswil
Das Forschungsprojekt «Qualitätsbewusster Umgang mit Baukultur in Gemeinden» ermöglicht eine Auseinandersetzung und einen Austausch von Politik, Verwaltung, Bevölkerung und Fachexperten zur lokalen Baukultur. Dies meint sowohl den Umgang mit dem historischen Bestand als auch das zeitgenössische Bauen. Das Ziel ist, die gesellschaftliche Relevanz einer qualitätsvollen Baukultur aufzuzeigen und diese für ein identitätsstiftendes Ortsbild und somit eine hohe Wohnortidentität sowie das Wohnortmarketing zu nutzen. Ein partizipatives, dialogisches Vorgehen ermöglicht die gemeinsame Erarbeitung einer baulichen Entwicklungsstrategie durch Ortsexperten und Fachexperten. Die erarbeiteten Erkenntnisse dienen der Gemeinde dazu, neue Prozesse zu etablieren, um nachhaltig eine qualitätsvolle Baukultur sicherzustellen.
Prozesse und Ziele des Projekts werden anhand konkreter Fragestellungen der Streusiedlung Grossteil in der Gemeinde Giswil im Kanton Obwalden angewandt. Aufgrund der hohen Bedeutung des Gebietes für das Orts- und Landschaftsbild und der Schwierigkeiten, welche durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft entstehen, gilt es für dieses Gebiet eine breitabgestützte bauliche Entwicklungsstrategie zu erarbeiten. Dies geschieht gemeinsam mit den relevanten lokalen Anspruchsgruppen. Das vorliegende Projekt forscht gezielt nach Möglichkeiten, um baukulturelle Aspekte sowie das Thema des Ortsbildes und der Wohnortidentität verstärkt in die Prozesse der Siedlungsentwicklung einzubinden. Diesbezüglich weisen bestehende Prozesse erhebliche Lücken auf, die geschlossen werden sollen.